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Francesco Carabelli

Francesco Carabelli
Bildhauer und Stuckateur

geb. 6. Nov. 1737


Castel San Pietro
(Vater: Giovanni Albino;
Mutter: Angelica Magni)
gest. 1798 Mailand (I)

Portrait: Francesco Carabelli, gezeichnet von Domenico Pozzi
Aus: J.C. Füsslin, Geschichte der besten Künstler der Schweiz, Band IV, Zürich 1774

Francesco Carabelli war Bildhauer in Mailand. Er schuf Statuen, Portraitbüsten und Reliefs, vor allem für Adelspaläste und Kirchen in der Lombardei. In Mailand: Palazzo Serbelloni; Palazzo Pezzoli; an der Fassade des Doms. Am Lago Maggiore: Palazzo Borromeo auf der Isola Bella. In Como: Villa Olmo. In Deutschland: Skulpturen im Schlosspark Schwetzingen.

Ausbildung
Beide Großväter, Antonio Carabelli und Giovanni Pietro Magni, sowie sein Cousin Francesco Pozzi waren Bildhauer und Stuckateure, sodass es Francesco nicht an Vorbildern fehlte. Sein Vater schickte ihn zum Bildhauer Carlo Maria Giudici (1723-1804), der aus Viggiù (I) nahe der Grenze zum Tessin stammte und seine Werkstatt in Mailand hatte.

Palazzo Belgioioso Mailand

Carlo Maria Giudici, Reliefs an der Fassade des Palazzo Belgioioso in Mailand

Über seinen Lehrer Giudici kam Francesco in Kontakt mit den Künstlern, die für die Mailänder Dombauhütte arbeiteten. Dort inspirierte ihn die Madonna dell'Albero zu einer eigenen Statue der Muttergottes mit Kind, die 1755 bei einem Wettbewerb für den Dom in Monza den ersten Preis erhielt. Sie wurde in der Grabkapelle der Langobardenkönigin Theodolinde (ca. 570-627), Tochter des Herzogs Garibald I. von Bayern, aufgestellt.

Werke in Mailand
Der Umstand, dass der in der Lombardei sehr geschätzte Architekt Simone Cantoni (1739-1818) ein entfernter Verwandter war, kam Francesco Carabelli am Anfang seiner Karriere sehr zugute.

Palazzo Pezzoli
Im Palast von Giuseppe Pezzoli, der als Steuerverwalter für die Habsburger unter Maria Theresia ein enormes Vermögen angehäuft hatte, schuf Francesco Carabelli 61 Stuckfiguren, wie aus dem Tagebuch von Simone Cantoni hervorgeht. Dieser hatte soeben den alten Palast im modernen klassizistischen Stil umgebaut. Er befindet sich unweit des Theaters La Scala und beherbergt heute das Museo Poldi Pezzoli. Leider wurde das Gebäude am 13. August 1943 bei einem Luftangriff schwer beschädigt und die meisten Stuckaturen an Wänden und Decken gingen verloren. Erhalten blieben jedoch acht Statuen aus Sandstein in den Nischen des großen Treppenaufgangs.

Treppenaufgang Museum Poldi-Pezzoli

Treppenaufgang
zum Museum Poldi-Pezzoli
mit acht Figuren und Stuckaturen
von Francesco Carabelli, 1779-1780

Palazzo Serbelloni
1793 beauftragte die Familie Serbelloni Simone Cantoni mit dem Bau eines neuen Palastes am Corso Venezia in Mailand.

Palazzo Serbelloni

Francesco Carabelli gestaltete über dem Mittelteil, zwischen den beiden obersten Fensterreihen, einen Fries mit Reliefs. Dargestellt sind Episoden des Konflikts zwischen Friedrich Barbarossa und dem Bund oberitalienischer Städte (Lega Lombarda), während dem Mailand 1162 mehrmals belagert wurde.

Relief Serbelloni Palast

Francesco Carabelli, Reliefs am Serbelloni-Palast mit Szenen aus der Geschichte des Lombardenbundes, 1793

Fassade des Mailänder Doms
In den Jahren 1786-1795 schuf Francesco mehrere Reliefs für die Fassade des Mailänder Doms, darunter die Szenen Samson bezwingt den Löwen (aus dem Alten Testament, Buch der Richter, Kap. 14, Vers 6) und Die Rückkehr der Kundschafter aus Kanaan (4. Buch Moses, Vers 13-14).

Relief an der Fassade des Mailänder Doms

Francesco Carabelli,
Relief an der Fassade
des Mailänder Doms,
um 1790
Samson bezwingt den Löwen

Kundschafter aus Kanaan

Francesco Carabelli,
Relief an der Fassade
des Mailänder Doms,
um 1790
Die Rückkehr
der Kundschafter aus Kanaan

Ebenfalls von ihm ist die Karyatide am rechten Eckpfeiler des Doms zum Palazzo Reale. Sie ist überlebensgroß, und wegen ihres schlechten Zustands wurde 2008 eine Kopie angefertigt.

Karyatide Eckpfeiler am Mailänder Dom

Francesco Carabelli,
Karyatide am rechten Eckpfeiler
des Mailänder Doms.
Links das Original,
rechts eine 2008 angefertigte Kopie.
Aus: www.assomarmistilombardia.it

Zwischenspiel: Der Schlossgarten in Schwetzingen bei Heidelberg
Der Schwetzinger Schlossgarten zählt zu den schönsten historischen Gärten Europas. Francesco Carabelli schuf dafür mehrere der insgesamt 130 Skulpturen, die im Jahre 1776 aufgestellt wurden. Darunter auch diese Statue der Göttin der Fruchtbarkeit, Ceres, im sogenannten Tempel der Botanik.

Göttin Ceres Tempel der Botanik

Francesco Carabelli,
Statue der Göttin Ceres
im Tempel der Botanik,
Schloßgarten
Schwetzingen (D), 1775

Ursprünglich hielt sie Ähren in der Hand, die man später durch ein Buch ersetzte, das die Wissenschaft der Botanik symbolisiert. Die Stuckdekorationen über ihr und im ganzen Tempel schuf Carlo Luca Pozzi.

Zusammen mit dieser Statue wurden vier von Carabelli gefertigte weiße Marmorvasen geliefert. Jede ist mit zwei Reliefs geschmückt, auf denen die Künste symbolisch dargestellt sind: Musik, Poesie, Skulptur, Malerei, Architektur und Astronomie.

Marmorvasen Schlossgarten Schwetzingen

Francesco Carabelli,
vier Marmorvasen rund
um den Arion-Brunnen
im Schlossgarten Schwetzingen (D)

Palazzo Borromeo auf der Isola Bella im Lago Maggiore
1785 erhielt Francesco den Auftrag, den neu gestalteten Ballsaal mit Skulpturen und Stuckaturen zu schmücken.

Ballsaal Palazzo Borromeo

Ballsaal des Palazzo Borromeo auf der Isola Bella im Lago Maggiore (I), mit Stuckaturen und Statuen von Francesco Carabelli

Der Palast wird nach dem Wirbelsturm vom Sommer 2012, der an der Fassade und im Garten enorme Schäden verursacht hatte, einer gründlichen Renovierung unterzogen. Er soll ab April 2013 wieder für das Publikum zugänglich sein.

Villa Olmo in Como
Für die von Simone Cantoni erbaute Villa der Familie Odescalchi schuf Francesco Carabelli die Statuen an der Giebelfront zum See und die Medaillons zwischen den Säulen.

Villa Olmo Como

Francesco Carabelli, Statuen am Giebel der Villa Olmo in Como, 1785

Die Medaillons zeigen die Philosophen Platon, Sokrates und Thales und den Staatsmann Solon.

Medaillons der Villa Olmo
Medaillons der Villa Olmo

Francesco Carabelli, Medaillons an der Fassade der Villa Olmo, Como (I), 1785

Für die von Carlo Luca Pozzi ausgeführten vier überlebensgroßen Statuen im Ballsaal machte Francesco Carabelli Entwürfe in Terracotta, die sich heute in der Pinacoteca Züst in Rancate, Tessin, befinden. Sie sind ca. 40 cm hoch und stellen die griechischen Götter Zeus, Hera, Hades und Poseidon dar.

Statue der Göttin Hera

Francesco Carabelli,
Statue der Göttin Hera, 1792
Mit freundlicher Genehmigung
der kantonalen Pinakothek
Giovanni Züst, Rancate
(Mendrisio, CH)

 Statue des Gottes Hades

Francesco Carabelli,
Statue des Gottes Hades, 1792
Mit freundlicher Genehmigung
der kantonalen Pinakothek
Giovanni Züst, Rancate
(Mendrisio, CH)

 Statue des Gottes Zeus

Francesco Carabelli,
Statue des Gottes Zeus, 1792
Mit freundlicher Genehmigung
der kantonalen Pinakothek
Giovanni Züst, Rancate
(Mendrisio, CH)

 Statue des Gottes Poseidon

Francesco Carabelli,
Statue des Gottes Poseidon, 1792
Mit freundlicher Genehmigung
der kantonalen Pinakothek
Giovanni Züst, Rancate
(Mendrisio, CH)

Familie
Francesco war nicht verheiratet. Gemäss Füsslin hatte er 1774 seinen Wohnsitz in Mailand und ist wohl auch dort gestorben. Jedoch fand er in seinem Neffen Donato Carabelli (1760-1839) einen würdigen Nachfolger, der u.a. zahlreiche Statuen an der Fassade und im Inneren des Mailänder Doms schuf.

Während seiner ganzen Laufbahn hielt Francesco engen beruflichen und freundschaftlichen Kontakt mit seinen weitläufigen Verwandten, dem Architekten Simone Cantoni und dem Bildhauer Carlo Luca Pozzi.

Büste des Architekten Simone Cantoni

Francesco Carabelli,
Büste des Architekten
Simone Cantoni, ca.1775,
Privatsammlung

Literatur

Links


© U. Stevens 2013

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